Tipps und Tricks fürs virtuelle Job-Interview

cat_lawyer

Es kann gut sein, dass uns Job-Interviews via Video Call auch nach Corona erhalten bleiben. Wir sagen Ihnen, wie Sie sich vorbereiten sollten und worauf es ankommt.

Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat vor einigen Wochen zusammen mit Jobcloud eine verhaltensbasierte Studie veröffentlicht, die die Veränderungen von Corona auf die Arbeitswelt untersucht. Befragt wurden mehr als 600 Arbeitgeber und rund 12’000 Arbeitnehmer.

Eine der wesentlichen Erkenntnisse der Studie: Mehr als die Hälfte aller Schweizer Organisationen haben ihre Rekrutierungsprozess angepasst. Je grösser ein Unternehmen, desto grösser die Quote der Anpassung.

Will heissen: Wer sich heute bei einem mittelgrossen bis grossen Unternehmen bewirbt, wird sein Vorstellungsgespräch mit einiger Wahrscheinlichkeit per Video Call führen. Die Quote liegt bei fast 60 Prozent. Nur die Kandidatinnen und Kandidaten in der allerletzten Runde werden allenfalls zu einem persönlichen Gespräch vor Ort eingeladen. Mehr noch: Die meisten der befragten Firmen haben in der Umfrage angegeben, diese Art der Rekrutierung auch in Zukunft beibehalten zu wollen.

Deshalb lohnt es sich, darüber nachzudenken, wie man auf digitalem Weg so gut wie möglich abschneidet.

Vor dem Termin

  • Laden Sie die entsprechende App herunter oder testen Sie den Zugang im Browser. Stellen Sie sicher, dass Ihre Software auf dem neusten Stand ist. Nichts ist lästiger als ein automatisches Update zur Unzeit.
  • Prüfen Sie, ob Ihre Kamera, Ihr Mikrofon und Ihr Kopfhörer einwandfrei funktionieren und ihre Internetverbindung stabil genug ist.
  • Suchen Sie sich einen ruhigen Ort, an dem Sie nicht gestört werden und wo Sie vor einem ruhigen Hintergrund sitzen können. Ein Bild an der Wand ist ok, aber zu viele Muster und Farben können Ihr Gegenüber ablenken.
  • Ein künstlicher Hintergrund kann toll aussehen, leider aber auch oft kantige Ecken und Artefakte erzeugen, dass Sie wie ausgeschnitten aussehen. Testen Sie unbedingt vorher.
  • Stellen Sie sicher, dass Ihre Haustiere keinen Zugang zu dem Raum haben, in dem Sie den Interview-Termin wahrnehmen. Sie bringen «Miezie» ja auch nicht mit zu einem persönlichen Gespräch.
  • Deaktivieren Sie Benachrichtigungen und stellen Sie Ihr Handy auf lautlos.
  • Sorgen Sie für gute Beleuchtung – ideal ist Tageslicht, aber kein direkter Sonneneinfall, vor allem aber keine Lichtquelle direkt hinter ihnen. Das blendet ihren Gesprächspartner und Sie erscheinen nur als Silhouette. Testen Sie allenfalls vor dem Gespräch, wie Sie den Laptop so stellen, dass keine Schatten entstehen und Sie kein unvorteilhaftes Doppelkinn haben.
  • Probieren Sie aus, in welcher Distanz zum Computer oder Laptop Sie sitzen sollten. Es ist weitaus besser den Abstand so zu wählen dass man ihren Oberkörper sieht und nicht nur ihr Gesicht. Das gibt ihrem Gegenüber die Möglichkeit auch ihre Körpersprache und Gestik wahrzunehmen.
  • Stellen Sie ein Glas Wasser bereit. Wenn man nervös ist, hat man oft einen trockenen Mund.
  • Bereiten Sie sich im Übrigen so vor, wie Sie dies für ein persönliches Vorstellungsgespräch auch tun würden.
  • Finden Sie sich früh genug, aber nicht allzu früh für das Gespräch ein. Zwei, drei Minuten vorher ist gut, länger lieber nicht – es kann sein, dass Ihr Interviewpartner an einem Tag mehrere Gespräche im selben Raum führt und dass Sie in ein Gespräch platzen, wenn Sie sich zu früh einloggen.

Dress Code

Kleiden Sie sich so, als würden Sie an ein «normales» Job-Interview gehen, passend zur Position auf die Sie sich bewerben und ihrem Typ entspricht. Der Situation angepasst aber verkleiden Sie sich nicht.

Und natürlich hält sich das hartnäckige Gerücht, dass so mancher Nachrichtensprecher oben Brioni und unten rum Shorts und Flip Flops trägt, weil man das ja nie sieht. Die Wahrheit werden wir wohl nie erfahren, aber dennoch sollten sie das besser nicht machen. Denn, sollte ihr Gegenüber auf die Idee kommen sie mal in Aktion erleben zu wollen mit der Bitte «Stehen Sie doch bitte mal kurz auf und demonstrieren einen 15 Sekunden Elevator Pitch beim Vorstand» – dann stehen Sie wortwörtlich mit heruntergelassenen Hosen da und haben den Pitch verloren bevor Sie auch nur ein Wort sagen konnten.

Während des Gesprächs

  • Begrüssen Sie Ihr Gegenüber: Schauen Sie dabei direkt in die Kamera, nicken Sie leicht, lächeln Sie. Denken Sie daran, dass Sie Ihrem Gegenüber jetzt gerade die Hand schütteln würden, wenn alles wäre wie immer. Versuchen Sie, ein bisschen von diesem «Kennenlernen» in den digitalen Raum mitzunehmen.
  • Fragen Sie den Gesprächspartner ob er ein gutes Videobild von Ihnen hat und ob die Tonqualität passt. Wenn Technik oder Verbindung das Gespräch beeinträchtigen und keiner sagt etwas, hat man gleich einen unschönen Ablauf.
  • Wenn Sie Probleme mit der Technik haben, sagen Sie das deutlich, verlassen Sie den Interviewraum und loggen Sie sich wieder ein.
  • Sprechen Sie langsam und deutlich. Auch bei einer stabilen Verbindung kann es kleine Unterbrüche geben.
  • Aus diesem Grund sind nonverbale Bestätigungen, also ein leichtes Nicken oder Lächeln, besser als akustische Bestätigungen («m-hm»).
  • Gestikulieren Sie nicht zu heftig und rutschen Sie nicht so auf Ihrem Stuhl hin und her, dass Ihr Gegenüber Sie nicht mehr sieht.
  • Halten Sie Augenkontakt mit der Kamera. Das ist vielleicht ungewohnt, aber gerade auf Distanz wichtig.

Am Schluss des Interviews

  • Nehmen Sie die Gelegenheit wahr, Fragen zu stellen.
  • Klären Sie ab, welches die nächsten Schritte und Termine sind.
  • Stellen Sie sicher, dass Sie das Gespräch auch wirklich verlassen haben, bevor Sie erleichtert «uff!» machen oder sich lautstark die Nase putzen.

Aufgezeichnete Interviews

Einige Unternehmen benutzen Recruiting Software bei denen Sie das erste Interview ohne einen menschlichen Partner durchführen. Sie bekommen Fragen in Text- oder Bildform gestellt und müssen diese in kurzen Videoaufzeichnungen beantworten. Das kann eine ganz besondere Qualität der Nervosität erzeugen, da Sie die Videoaufzeichnung nur einmal starten können und in der Regel eine vorgegebene Zeit zu antworten haben und dann die Aufzeichnung automatisch stoppt. Und da Sie nicht wissen welche Fragen gestellt werden, können Sie sich auch keinen Spickzettel schreiben.

Hier ein paar Tipps wie man auch diese Situation meistern kann:

  • Googlen Sie ein paar typische Fragen die in Interviews gestellt werden
  • Öffnen Sie ein Video App auf ihrem Computer und stellen auf dem Handy den Timer auf 15 Sekunden
  • Lesen Sie die erste Frage gründlich durch, atmen einmal tief durch, starten das Video und den Timer zeichnen ihre Antwort auf.
  • Machen Sie das mit ein paar Fragen und stellen Sie den Timer auf 10 Sekunden und dann auf 5 Sekunden. Damit bekommen Sie ein gutes Gefühl dafür wie lang oder kurz die Zeitspannen wirklich sind und wieviel Sie darin sagen können.
  • Schauen Sie sich dann ihre Aufzeichnungen an. Reden Sie zu schnell, zu undeutlich, wirken super nervös, halten keinen Kontakt zur Kamera, oder jede Antwort ist mitten im Satz unterbrochen weil die Zeit abgelaufen ist? Dann noch mal von vorne! Sie werden merken, mit jedem Durchgang wirken Sie natürlicher und so wie Sie wirklich sind.
  • Wenn es dann zum echten Interview geht, versuchen Sie den Prozess genauso durchzuführen: Frage gründlich und in Ruhe lesen, durchatmen, im Kopf die Antwort formulieren und die Aufzeichnung starten.
  • Sollten Sie sich verhaspeln oder den Faden verlieren: nicht noch nervöser werden. Fehler machen ist menschlich. Wenn ihnen das passiert, geben Sie sich einen kurzen Moment Zeit, trinken Sie ein Glas Wasser und atmen noch mal tief durch bevor Sie die nächste Frage und Antwort in Angriff nehmen.
  • Und generell gelten auch für aufgezeichnete Interviews die gleichen Tipps wie für ein Video Interview mit einem echten Gegenüber. Denn, wenn ihnen bei der Aufzeichnung mit begrenzter Zeit «Miezie» auf die Tastatur springt, haben Sie nicht mal Gelegenheit sich zu entschuldigen.
zurück