Ein Büro am Pool

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Erste Schweizer Firmen erlauben ihren Mitarbeitenden das Arbeiten von einem beliebigen Ort aus – auch wenn dieser Ort im Ausland liegt.

Die Mitarbeiterin hatte sich mit ihrem direkten Vorgesetzten abgesprochen und sich ein Working-Holiday-Visum für einen Ort besorgt, an dem um diese Jahreszeit die Sonne scheint. Ein Job ohne Kundenkontakt, ohne die Vorgabe von festen Zeiten: Der ideale Job für jede Art von Remote-Arbeit ist natürlich nicht der an der Kasse eines Supermarkts oder als Masseurin in einem Gym. Aber es gibt viele Arbeiten, die problemlos von irgendwo und mehr oder weniger bis irgendwann erledigt werden können.

Nach zwei Wochen dann der Frust: Ein Vorgesetzter drei Hierarchiestufen weiter oben fand, das gehe nun doch nicht: Was das für ein Zeichen sei, wenn jemand dort arbeite, wo andere Leute Ferien machen.

Ganz einfach: ein Zeichen der Zeit. Seit Corona so manchem Chef die Vorteile von Home Office vor Augen geführt hat, stellen sich immer mehr Menschen auf den Standpunkt, dass «home» ja nicht zwingend die eigenen vier Wände, den heimischen Küchentisch bedeuten müsse. «Home», das kann grundsätzlich irgendwo sein, wo die Internetverbindung stabil ist. Das läuft zum Teil gegen die Intuition: Kann denn Arbeit Spass machen? Zum Teil ist es aber präzise das, was die Arbeitgebenden umzusetzen haben. Denn wer schon mal einen Millennial einstellen wollte, weiss, wie diese Generation auf 9 to 5 an einem fixen Arbeitsplatz an fünf Tagen die Woche reagiert: mit einem mehr oder minder unverhohlenen «gahts no?».

Google und Kuoni

Drum baut Google schon länger Wohlfühl-Büros. Offenbar hat sich zumindest dort die Erkenntnis durchgesetzt, dass es nicht genügt, wenn man ein paar Wände bunt anstreicht und einen Töggelikasten aufstellt. Denn dass man zuhause effizienter arbeitet, ist mittlerweile allen klar. Ins Büro kommt man für den Austausch. Auch der geht inzwischen allerdings digital.

Vor allem dann, wenn sich alle Mitarbeitenden in ungefähr der gleichen Zeitzone aufhalten. Deshalb bevorzugt es der Reiseanbieter Kuoni, der seinen Angestellten Workations von bis zu acht Wochen erlaubt, Destinationen in Europa. Das hat ausserdem den Vorteil, dass die Arbeit im Ausland dank der Personenfreizügigkeit für Leute aus der Schweiz meist problemlos ist.

Natürlich ist nicht alles ganz so einfach, wie es klingt, denn es gilt einige Details zu klären. Wie sieht beispielsweise der Versicherungsschutz aus? Muss die Firma dann plötzlich in dem Land, in dem ihre Leute arbeiten, Steuern bezahlen? Müssten die Löhne für die Zeit im Ausland kaufkraftbereinigt werden? Und was, wenn plötzlich alle Mitarbeitenden aufs Mal ins Ausland wollen? Und was, wenn manche Angestellte das theoretisch könnten, während es für andere Mitarbeitende im selben Unternehmen unmöglich ist? Entstehen da nicht Probleme, Neid und Missgunst?

Doch, natürlich. Und selbstverständlich ist es auch nicht für jede Branche gleich einfach oder auch sinnvoll, Mitarbeitende an Pools und unter Palmen zu haben. Doch wo das geht, werden Workations ein Teil der schönen neuen Arbeitswelt sein. Denn wer einmal von irgendwo aus arbeiten durfte, wird sich wohl nie mehr in ein Büro sperren lassen.

Entsprechend werden auch die Optionen immer zahlreicher. Viele Länder auf der Welt bieten inzwischen eigene Visa für arbeitende Menschen an – also für länger als zwei Wochen. Wer nachweisen kann, dass sie oder er jährlich mindestens 50’000 Dollar verdient, kann für 2000 Dollar ein Jahr lang auf Barbados arbeiten – «die Premierministerin von Barbados lädt Sie ein, im Paradies zu arbeiten». «Welcome Stamp” nennt sich das Visum.

Und der Chef, der vor einigen Wochen seine Mitarbeiterin aus den Workations zurückgepfiffen hat? Hat das Arbeiten aus dem Ausland inzwischen wieder erlaubt. Weil er selber beschlossen hat, seinen Job vom Ferienhaus im Süden aus zu erledigen.

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