Du oder Sie – das ist hier die Frage

dudsies

Höfliches Sie oder vertrauliches Du? In der Geschäftswelt existieren heute beide Kulturen.

Wer bei IKEA einkauft, ist nichts anderes gewohnt: „Wir nehmen dich mit auf eine Hometour“, verspricht die Website. „Profitieren Sie von exklusiven Angeboten“ heisst es hingegen bei Globus.

Irgendwie klar. Oder? Geht es um Ansprache, gibt es wie so oft kein absolutes Richtig oder Falsch – sondern ein Angemessen. Heisst: Wer sein Zielpublikum kennt, weiss in aller Regel auch, welche Ansprache passt.

In der Geschäftswelt hingegen war es lange Zeit üblich, zumindest am Anfang zu siezen – professionelle Distanz war angesagt. Seit einigen Jahren hält, sicherlich auch durch die Globalisierung und das damit verbundene Näherrücken des englischsprachigen Raums, die Du-Kultur auch in Schweizer Firmen Einzug. 2015 thematisierte die „Medienwoche“ die Frage und liess zwei Fachfrauen zu Wort kommen: die HR-Spezialistin Eliane Toller und die Managerin Sonja A. Buholzer. Während Toller damals schon fand, es trage zu „einer wertschätzenden Unternehmenskultur bei“, wenn sich Mitarbeitende und Vorgesetzte dutzten, befürchtete Buholzer, dass „Mitarbeitende ins Kumpelhafte abgleiten und mit Du-Dekreten vermeidbare Führungsprobleme“ entstünden.

War früher alles einfacher?

Früher sagte man einfach „Sie“ zum Chef. Bis zum Weihnachtsessen, wo er einem das Du anbot – nicht immer ganz nüchtern. Die Frage hiess also: Durfte man am nächsten Morgen immer noch „hallo Heiri“ sagen oder beliess man es doch besser beim vorweihnachtlichen „guten Morgen, Herr Doktor Meier“? Von wegen einfach.

Viele jüngere Firmen, nicht zuletzt Start-ups, haben flache Hierarchien. Das macht es einfacher, sich untereinander zu dutzen. Doch auch grosse, arrivierte Firmen wie die Otto-Group haben sich Mottos und Schlagwörter wie „Kulturwandel 4.0“ oder „Unternehmenskultur 4.0“ auf die Fahnen geschrieben. Bei Lidl dutzt man sich, ebenso bei den SBB, bei Swisscom oder bei Swissport. Gründe für diese neue, unkompliziertere Kultur gibt es diverse: Man will das „Wir“-Gefühl stärken, eine moderne Philosophie demonstrieren, sich als Arbeitgeber für junge Menschen attraktiv machen.

Klingt gut. Doch es gibt auch Momente, wo zumindest mancher Vorgesetzten ein etwas distanzierterer Umgangston lieber wäre – bei Lohnverhandlungen etwa, oder wenn eine Kündigung ausgesprochen wird. Doch, das zeigen Studien einhellig, lohnt es sich, diese unangenehmen Momente auszuhalten: Die Du-Kultur ist gut fürs Arbeitsklima – und damit auch für den Umsatz. Denkt man an IKEA, hätte man es eigentlich ahnen müssen.

zurück